Fachpsychologin berät kostenfrei Eltern von Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes

Diabetes Typ 1 ist in Deutschland mit etwa 37.000 Betroffenen zwischen 0 und 20 Jahren die häufigste Stoffwechselerkrankung bei Kindern und Jugendlichen. Die Diagnose kann das Leben der Heranwachsenden und ihrer Familien auf den Kopf stellen: Plötzlich gehören Insulintherapie, Glukosespiegelkontrolle und die Auseinandersetzung mit der Wirkung von Ernährung und Bewegung auf den Stoffwechsel zum neuen Alltag. Viele der jungen Menschen mit Typ-1-Diabetes gewöhnen sich schnell daran. Andere haben zeitweise oder längere Phasen Probleme mit der Akzeptanz der Erkrankung. Das kann zu Konflikten in der Eltern-Kind-Beziehung führen. Diplom-Psychologin Isabel Laß ist Diabetes-Fachpsychologin DDG sowie Paar- und Familientherapeutin. In offenen Online-Sprechstunden steht sie Eltern regelmäßig und kostenfrei für Fragen zum Thema Diabetes und Psychologie zur Verfügung. Diese finden ein- bis zweimal monatlich jeweils dienstags von 19 bis 21 Uhr statt.

Isabel Laß hat selbst seit ihrer Kindheit Typ-1-Diabetes. Deshalb weiß sie sehr gut, wie es Kindern und Jugendlichen mit der chronischen Erkrankung geht. Wenn Eltern ihr klagen: „Mein Kind hat den Diabetes einfach noch nicht akzeptiert“, muss sie manchmal schmunzeln, weil sie an ihre eigene Jugend denkt. „In diesem Lebensabschnitt geht es um so viel mehr als nur um die vermeintlich einfache Akzeptanz einer Erkrankung, die lebenslang bestehen wird“, weiß die Diplom-Psychologin.

Den Diabetes Typ 1 akzeptieren: Angst ist kein geeigneter Motivator

Jugendliche müssten sich im Alltag bereits auf vielen Ebenen mit Akzeptanz auseinandersetzen – seien es all die Facetten ihrer eigenen Persönlichkeit, ihrer pubertär bedingten körperlichen Veränderungen oder ihrer Rollen in sozialen Umfeldern wie Familie, Freundeskreis und Schule. Die Konfrontation mit Diabetes Typ 1, der Therapie und möglichen Folgeerkrankungen komme als weitere große Herausforderung dazu. „Eigenverantwortung übernehmen und sich täglich motivieren, auch wenn die Glukosewerte trotz hohem Aufwand nicht immer im angestrebten Bereich sind, kann sehr belastend sein“, erklärt Isabel Laß. Sie erinnert sich: „In meiner Jugend hat das diabetologische Behandlungsteam versucht, mich über Angst zur Therapie anzuspornen, zum Beispiel mit Bildern von einem fortgeschrittenen diabetischen Fußsyndrom.“ Angst spende jedoch keine Kraft zur Selbstfürsorge, im Gegenteil. Formulieren auch noch die Eltern ständig Sorgen, Ängste und Bedenken, müssten Jugendliche mit Diabetes Typ 1 manchmal eine regelrechte Gegenhaltung einnehmen, um psychisch stabil bleiben zu können. Das kann das Familienleben auf eine harte Probe stellen und beide Seiten immens belasten.

Extern moderierte Gespräche können verhärtete Fronten aufbrechen

Ob mit Personen aus dem Ärzte- und Diabetesberatungsteam oder einer psychologischen Beratungsstelle: Gemeinsame Gespräche mit extern Beratenden können bei Problemen und Konflikten zwischen Eltern und Jugendlichen rund um das Diabetesmanagement vermitteln. „Dabei gibt es kein Schema F“, sagt Isabel Laß. „Zunächst geht es darum, zu klären, inwiefern der oder die Jugendliche für sich selbst kurz- und langfristig vorausplanen kann, gesund und fit zu bleiben.“ Dabei spiele auch der Umgang der Eltern mit ihrer eigenen Gesundheit eine Rolle, etwa ob sie ein positives Vorbild in punkto Eigenverantwortung und Lebensfreude seien. Die Psychologin ist in ihren Gesprächen immer wieder beeindruckt: „Jugendliche sind sehr ehrlich und direkt – erleben sie das Erwachsenwerden und das gesundheitsbezogene Verhalten ihrer Eltern als negativ, stellen sie infrage, warum sie selbst anders handeln sollen.“ Dabei seien die allermeisten von ihnen verhandlungsbereit und an ihrem sowie am Wohl ihrer Eltern interessiert, bekräftigt Isabel Laß: „Im Laufe ihrer Entwicklung zeigen Jugendliche mit Diabetes Typ 1 häufig eine enorme Verantwortungsbereitschaft. Sie reifen zu jungen Erwachsenen mit großer emotionaler Tiefe und sozialem Blick für andere heran. Davon könnten sich viele Gleichaltrige ohne chronische Erkrankung eine Scheibe abschneiden.“

Diabetes-Kids Virtuell: Online-Sprechstunde Diabetes & Psychologie

In den offenen Online-Sprechstunden steht Isabel Laß regelmäßig und kostenlos für Eltern zum Thema Diabetes und Psychologie zur Verfügung. Mehr Informationen rund um die Themen finden Interessierte auf der Website von diabetesde.

Anmeldung zur Online-Sprechstunde

Die Anmeldung zur Online-Sprechstunde erfolgt über die Website der Diabetes-Kids. Einfach auf den jeweiligen Termin klicken und Anmeldung ausfüllen. Die offenen Online-Sprechstunden Diabetes & Psychologie sind ein Gemeinschaftsprojekt von Diabetes-Kids und diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe.

Videovortrag von Isabel Laß anlässlich des Weltdiabetestags 2020:

Isabel Laß über Jugendliche mit Diabetes | diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe


 

Buchtipp: Finn hat Diabetes

Unter der Vielzahl der pixi-Bücher gibt es jetzt auch eine kleine und kindgerechte „Aufklärungsbroschüre“ zum Diabetes.

Unter dem Titel „Finn hat Diabetes“ wird auf wenigen Seiten, hübsch illustriert und leicht verständlich der Typ 1 Diabetes bei Kindern erklärt.

Unser Bundesverband hat in Kooperation mit dem AOK-Bundesverband dieses Büchlein zur Verfügung gestellt. Wenn Sie Interesse daran haben, senden Sie uns einen adressierten und frankierten Rückumschlag zu. Bitte beachten: Gewicht 23 g pro Exemplar, d.h. mit 1,00 Euro (Dt. Post)frankieren.

DDB Landesverband Sachsen e.V.
Striesener Straße 39
01307 Dresden


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Wissenschaftler wollen in den kommenden Jahren über 300.000 Babys auf ein erhöhtes Risiko für Typ-1-Diabetes testen

Eine internationale Forschergruppe unter Leitung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Helmholtz Zentrums München hat ein Verfahren zur Risikoberechnung für Typ-1-Diabetes entwickelt, das älteren Methoden deutlich überlegen ist. Durch die Analyse von bis zu 41 Genregionen lassen sich ab der Geburt Kinder identifizieren, die ein mindestens 25-fach erhöhtes Risiko besitzen, Typ-1-Diabetes zu entwickeln. Der Test kommt bereits in einem europaweiten Präventionsprojekt zu Typ-1-Diabetes zum Einsatz. Die Arbeit in ‚PLOS Medicine‘ könnte auch als Modell für andere Krankheiten dienen, an deren Entstehung ebenfalls eine Vielzahl von Genen beteiligt sind.

Mehr Informationen finden Sie hier:

Helmholtz Zentrum München
Freder1k-Studie
Download Informationsmaterial

Mit Insulin-Nasenspray den Körper trainieren

In der PINIT-Studie werden Kinder mit einem hohen genetischen Diabetesrisiko gebeten, an einer vorbeugenden Behandlung mit Insulin-Nasenspray teilzunehmen, um zu prüfen, ob dadurch die Entstehung der Erkrankung Typ-1-Diabetes verhindert werden kann. Die Ursachen des Typ-1-Diabetes liegen in einer fehlerhaften Reaktion des Immunsystems gegenüber den Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die das körpereigene Insulin produzieren. Das Immunsystem erkennt fälschlicherweise das körpereigene Insulin und beginnt, die Zellen zu zerstören. In der PINIT-Studie möchten wir versuchen, das Immunsystem zu trainieren, damit keine fehlerhafte Reaktion auftritt. Durch die Verabreichung von Insulin-Nasenspray soll dem Immunsystem eine Toleranz gegenüber dem körpereigenen Insulin antrainiert und dadurch die krankmachende Immunreaktion verhindert werden.

 

Sport und Diabetes – Na klar!

Körperliche Aktivitäten wie Schulsport, Radfahren oder Wandern verbrauchen Energie und senken daher den Blutzucker. Um Unterzuckerungen zu  verhindern, spritzen Diabetiker vor körperlicher Aktivität weniger Insulin, oder sie nehmen zusätzliche Kohlenhydrate zu sich.

Diabetische Kinder können und sollen am Schulsport teilnehmen. Eine generelle Sportbefreiung ist nicht gerechtfertigt. Gefährlich wird es, wenn der erhöhte Energieverbrauch nicht entsprechend aufgefangen wird oder die körperliche Betätigung  anstrengender ausfällt als geplant.

Bei längeren Aktivitäten, zum Beispiel mehrstündigen Radtouren oder Wanderungen, können deshalb kurze Pausen für zusätzliche Zwischenmahlzeiten nötig werden. Auch wenn die Sportstunde unerwartet verlegt wird, müssen Kinder und Jugendliche mit Diabetes die Gelegenheit bekommen, vorher etwas zu essen, was den Blutzuckerspiegel erhöht. Grundsätzlich ist mit Diabetes auch Leistungssport möglich.

Wie weit sich diabetische Kinder und Jugendliche an sehr belastenden sportlichen Aktivitäten (z. B. Langstreckenlauf, Radtouren oder Skilanglauf über große Distanzen) beteiligen, sollte mit den Eltern und gegebenenfalls auch dem betreuenden Arzt abgestimmt werden.

Wenn der Diabetes auf die Psyche schlägt

Studien belegen, dass mehr als die Hälfte der Diabetiker auch mit psychischen Problemen belastet sind. Leider treten Depressionen vermehrt zusätzlich zum Diabetes auf. Dabei sind nicht nur Erwachsene von Depressionen betroffen. Gerade im Kindesalter ist die Diagnose einer  chronischen Erkrankung wie Diabetes mellitus eine große Belastung. Sowohl für das betroffene Kind, als auch für die ganze Familie ändert sich plötzlich das gewohnte Leben. Im ersten Augenblick ist es für die Eltern ein sehr großer Schock, dass das Kind an einer chronischen Krankheit leidet und sein ganzes Leben lang mit dieser  Herausforderung fertig werden muss. Abhängig vom Alter der Kinder reift aber auch bei diesen irgendwann der Gedanke, chronisch und unheilbar krank zu sein. Das führt in der Regel zu Lebenskrisen. Gerade in der Pubertät ist zu erleben, dass die Jugendlichen sich emotional vom Diabetes trennen, was schnell zu sehr schweren Krisen im Diabetesmanagement, oftmals begleitet von Klinikaufenthalten, führt.

Unser Verband bietet seinen Mitgliedern auch hier aktive Hilfe an. Möglich sind aktuell über den Verband:

  • psychologische Beratung durch unseren Heilpraktiker für Psychotherapie
  • Hilfe zur Selbsthilfe, Prävention und Coaching

Gerade bei den vielen möglichen Schwierigkeiten, denen sich Eltern von Kindern mit Diabetes im Laufe der Entwicklung des Kindes gegenübersehen, ist es oftmals sinnvoll, Rat einzuholen oder einen anderen Blickwinkel zu erfahren.

Tipps für den Umgang mit Diabetes im Klassenzimmer

  • Diabetische Kinder sind nicht mehr oder weniger begabt, fauler oder fleißiger als andere Kinder. Sie brauchen keine Nachsicht, nur mehr Aufmerksamkeit.
  • Unterzucker kann kurzzeitig die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verringern und die Kinder reizbar machen.
  • Kindern mit Diabetes muss es jederzeit möglich sein, etwas zu essen oder zu trinken, um Unterzuckerungen zu verhindern.
  • Manche Kinder benötigen Insulin zum Mittagessen. Bei Ganztagsunterricht muss dann auch während des Schulbesuchs gespritzt werden.
  • Blutzuckermessungen müssen auch während des Unterrichts gestattet werden. Eine Packung Traubenzuckertäfelchen beim Lehrer, im Klassenzimmer, im Sekretariat, vor allem aber in der Sporthalle – jeweils zusätzlich zum Traubenzuckervorrat des Kindes – erhöht die Sicherheit.
  • Mit einem Glukagon-Spritzenset (rezeptpflichtig) können auch Laien eine schwere Unterzuckerung (auch mit Bewusstlosigkeit) beenden.
  • Nach dem Aufwachen Traubenzucker, Limonade, Cola oder Saft geben!

Wichtig: Die regelmäßige Kontrolle der Zuckerwerte

Die meisten Kinder und Jugendlichen mit Diabetes bestimmen ihren Blutzuckerwert selbst. Das Messen ist heute denkbar einfach: Moderne Glucosesensoren, die am Arm oder am Körper getragen werden, ermöglich zu jeder Zeit das Ablesen des aktuellen Glucosewertes. Dabei wird ein kleines Lesegerät oder ein modernes Smartphone benutzt, um den Wert aus dem Sensor auszulesen und zu speichern, teilweise sogar an die Eltern oder den Arzt zu übertragen. In einigen Fällen wird aber auch noch die herkömmliche Messmethode mit Blutzuckerteststreifen genutzt. Im Einzelfall kann es sinnvoll sein, den Blutzuckerwert häufiger zu messen.

Dies gilt insbesondere:

  • bei sehr labilem Stoffwechselverlauf (starke Blutzuckerschwankungen)
    zur besseren Vorbereitung auf sportliche Aktivitäten
  • wenn der Betroffene den Verdacht hat, dass sich eine Unterzuckerung anbahnt

Eine Blutzuckerbestimmung kann somit auch während des Unterrichts nötig sein

Sie lässt sich unauffällig durchführen, dauert einschließlich aller Vorbereitungen höchstens eine Minute und wird den Unterricht daher kaum stören. Je nach Ergebnis der Blutzuckermessung kann es nötig sein, sofort etwas zu unternehmen. Ist der Wert beispielsweise zu niedrig, verhindert ein kohlenhydrathaltiger Snack, dass der Blutzucker weiter abrutscht. Bei einem zu hohen Wert wiederum muss eventuell eine Mahlzeit weggelassen oder verschoben werden. Auch eine zusätzliche Insulininjektion kann in diesem Fall sinnvoll sein, damit der Blutzuckerwert nicht noch weiter steigt. Alle Testergebnisse werden protokolliert. Sie sind Grundlage für die tägliche Stoffwechselführung und die Betreuung durch den Arzt.

Das Projekt “Diabetes im Klassenzimmer”

Der Deutsche Diabetiker Bund, Landesverband Sachsen e.V., und die AOK-Plus Sachsen und Thüringen möchten Lehrern, Eltern und Schülern Informationen zum Diabetes mellitus bei Kindern an die Hand geben.

Unser Anliegen ist es, die Erzieher in der täglichen Arbeit zu unterstützen und den Umgang mit Kindern, die von Diabetes mellitus betroffen sind, einfacher zu gestalten. Wenn die Schule oder der Kindergarten es wünschen sind wir auch in der Lage, geschulte Diabetes-Lotsen zur Verfügung zu stellen. Die Diabetes-Lotsen können sowohl die grundlegenden Informationen zum Diabetes den Erziehern vermitteln, als auch den Kindern und/oder Eltern in einem Vortrag anschaulich das Basiswissen zum Diabetes mellitus darlegen.

Wir können Ihnen unterschiedlichste Materialien zum Diabetes mellitus zur Verfügung stellen. Wenn Sie es wünschen, stellen wir Ihnen auch gern für die Unterrichtsgestaltung Klassensätze mit Flyern und Anschauungsmaterial zusammen.

Unser langfristiges Ziel ist es, in den Schulen und Kitas Gesundheits-Coaches aufzubauen. Das sollen zukünftig die Pädagogen sein, die als Ansprechpartner rund um das Thema Gesundheit, also nicht nur auf den Diabetes mellitus bezogen, die Kinder und Erzieher unterstützen und informieren können. Wir hoffen, bei Pädagogen und Eltern Interesse an unserem Projekt geweckt zu haben und freuen uns, wenn Sie diese Information weiterleiten und den Lehrern und Erziehern in Ihrem Bekanntenkreis empfehlen.