Blutzuckerverwertung und der therapeutische Nutzen von Chrom

Im Gegensatz zur meist autoimmunologisch bedingten Insulinmangelerkrankung des Typ I Diabetes mellitus ist der Diabetes mellitus Typ II über lange Strecken ein durch Hyperinsulinämie, Insulinresistenz und Insulin-Sekretionsstörung geprägtes Krankheitsbild. Diese alimentär bedingte Störung der Blutzuckerverwertung führt erst spät im Verlauf der Erkrankung zu einer Sekretionserschöpfung der Insulin-bildenden Betazellen des Pankreas mit dann resultierendem Insulinmangel.

Gestörte Blutzuckerverwertung oder auch metabolisches Syndrom

Der Manifestation eines Typ II Diabetes mellitus mit erhöhtem postprandialem und Nüchtern-Blutzucker geht in aller Regel eine jahrzehntelange Phase des unerkannten metabolischen Syndroms voraus mit folgenden Symptomen und Befunden:
Hyperinsulinämie
Insulinresistenz und dadurch bedingte vaskulär-endotheliale Schädigung
arterieller Hypertonus
Dyslipidämie
Insulinresistenz
gestörte Glukosetoleranz
Über 80 Prozent der insulinresistenten Personen mit metabolischem Syndrom entwickeln später auch eine Blutzuckerentgleisung. Erst dann gilt – nach leider immer noch gängiger Praxis – ein langjährig metabolisch Geschädigter als Diabetiker und damit als therapiebedürftig. Die Unsinnigkeit dieses Konzeptes und die geringe Erfolgsrate der dann eingeleiteten, oft sogar kontraproduktiven Maßnahmen (rascher Griff zu Medikamenten statt konsequenter Ernährungsumstellung und Aktivierung zu Bewegung und muskulärer Aktivität, medikamentöse Hyperinsulinierung statt medikamentöser Senkung der Insulinresistenz, ungenügende Therapie von arterieller Hypertonie und Dyslipidämie) sind heute zwar prinzipiell erkannt, werden in der täglichen Praxis aber vielfach nicht umgesetzt und durch unsinnige, lediglich auf Kostenminimierung abzielende Therapie Pauschalisierungen erschwert. Mittlerweile verschiebt sich das Auftreten des Typ II Diabetes aufgrund metabolischen Syndroms immer mehr nach vorne, daher werden die Betroffenen immer jünger. 2019 schlugen deswegen die deutschen Kinder und Jugendärzte Alarm, denn immer mehr Kinder und Jugendliche sind übergewichtig und somit prädestiniert für das Auftreten eines Typ II Diabetes.

Die Bedeutung von Chrom zur Behandlung der gestörten Blutzuckerverwertung

Chrom kommt in der Natur in den Wertigkeiten Cr0 bis Cr+6 vor. Verbindungen der Oxidationsstufen unterhalb von +3 wirken reduzierend, Chromverbindungen oberhalb von +3 oxidierend.
Sechswertige Chromverbindungen sind toxisch, krebserregend und DNA-schädigend und in der Natur selten. Lebensmittel enthalten kein sechswertiges Chrom und es entsteht auch praktisch nicht in biologischen Systemen.

Chrom im menschlichen Organismus

Steuerung des Stoffwechsel von Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen
Erhöhung der Glukosetoleranz: Es sensibilisiert die Muskelzelle für Insulin, so dass verstärkt Kohlenhydrate in Form von Glykogen eingelagert werden. Ohne Glukosetoleranzfaktor wird erheblich mehr Insulin benötigt. Bei Patienten mit Diabetes mellitus wurden niedrige Chromspiegel nachgewiesen.

Bestandteil des Glukosetoleranzfaktor (GTF)

An einem Chromatom sind zwei Moleküle Nikotinsäure (Vitamin B3) mit Glutathion (einem Molekül Glycin, Cystein und Glutaminsäure) gebunden (1). Vermutet wird, dass auch Aspartat (Asparaginsäure) ein weiterer Bestandteil des GTF ist. In einer Untersuchung an verschiedenen Geweben, bei der ein chrombindendes Oligopeptid isoliert wurde, welches von John B. Vincent als Chromodulin bezeichnet wurde. Es besteht aus Glycin, Cystein, Glutamat und Aspartat (2).
Steuerung der Bindung von Insulin an Rezeptor: Chrom unterstützt die Insulinwirkung und sensibilisiert die Betazellen der Bauchspeicheldrüse, dadurch wird die Bereitstellung von Insulin gefördert. Die Insulinbindung und Aktivierung des Insulinrezeptors erfordert Chrom in einer niedermolekularen chrombindenden Substanz (Chromodulin oder Glukosetoleranzfaktor). Chromodulin bindet ebenfalls an den Insulinrezeptor und aktiviert die Tyrosinkinase-Aktivität des Insulinrezeptors (3). GTF steuert die Bindung von Insulin (glukosesenkendes Peptidhormon) an den insulinspezifischen Rezeptor. Außerdem hemmt die Phospho-Tyrosinphosphatase, so dass sich die Insulinempfindlichkeit des Insulinrezeptors erhöht. Dies führt zu einer Potenzierung der Insulinwirkung an den Zielzellen, einer erhöhten Aufnahme von Glucose und Aminosäuren in Leber-,
Muskel- und Fettzellen, sowie zu einer Senkung der zirkulierenden Menge an Glucose, Insulin und Glukagon (Glucose erhöhendes Peptidhormon) im Serum nach Kohlenhydratzufuhr. Ein weiterer Effekt ist die Stimulierung der intrazellulären Glukogen-, Protein- und Triglyceridsynthese (4). Experimente weisen auf eine Erhöhung der Rezeptorzahl, Insulininternalisierung (Rückzug der Insulinrezeptoren in das Zellinnere) und Betazell-Sensitivität durch Chrom bei Diabetes mellitus hin (5).

Synthese von Eiweiß

Es fördert die Eiweiß-Bildung im Gewebe und sorgt für die Funktion des Aminosäurestoffwechsels. Chrom ist Bestandteil des Verdauungsenzyms Trypsin, welches Eiweiß im Dünndarm in Aminosäuren zerlegt. Auch die Synthese von Proteinen beim Fötus wird durch Chrom gefördert, daher steigt der Bedarf in der Schwangerschaft an.

Aufnahme von Aminosäuren in Muskulatur

Chrom verbessert die Aufnahmefähigkeit der Muskelzellen für freie Aminosäuren. Dadurch hat es eine direkte anabole (muskelaufbauend) Wirkung und behindert gleichzeitig die Speicherung von Fetten.
Chromodulin
Bisher wurde angenommen, dass die aktivste Form von Chrom ein Bestandteil eines Komplexes ist, dem Glukosetoleranzfaktors. Diese soll aus drei Aminosäuren und einem B-Vitamin bestehen. Allerdings konnte dieser Komplex nie hundertprozentig wissenschaftlich nachgewiesen werden. Aktuelle Studien deuten auf die Existenz eines einzigartigen chrombindenden Moleküls hin, das dem GTF sehr ähnlich ist. Wenn von Chromodulin die Rede ist, dann beziehen sich die Wissenschaftler auf die gleichen Eigenschaften beider Chromkomplexe. Das Chromodulin ist ein Komplex, der den Körper bei der Resorption und Nutzung von Chrom unterstützt. Es handelt sich dabei um einen natürlichen Bestandteil in verschiedenen Nahrungsmitteln, aber Hefezellen sind die beste Chromodulin-Quelle (6).

Tab. 1 Glukosetoleranzfaktor und Chromodulin im Vergleich

Glukosetoleranzfaktor (GTF) Chromodulin
Niacin-Moleküle (Vitamin B3) Aspartat
Glycin Glycin
Cystein Cystein
Glutaminsäure Glutaminsäure
Ein Chrom-Ion
(Cr III) Vier Chrom-Ionen
(Cr III)

Funktionsphasen von Chrom und Chromodulin für den Glukose-Stoffwechsel an der Zelle (7)

1. Phase: Die Glukosemoleküle und das Insulin liegen außerhalb der Zelle. Der Glukosekanal der Zelle ist geschlossen. Das Chrom aus der Nahrung oder aus Nahrungsergänzungsmitteln wird absorbiert und befindet sich ebenfalls außerhalb der Zelle. In der Zelle befindet sich eine Vorstufe von Chromodulin, genannt Apo-Chromodulin.
2. Phase: Das Insulin hat sich nun an den Insulinrezeptoren der Zelle angelagert und wird aktiviert, dadurch kann das dreiwertige Chrom in die Zelle gelangen. Der Glukosekanal ist nur teilweise offen, so dass nur einzelne Glukosemoleküle in die Zelle übergehen.
3. Phase: In der Zelle binden sich vier Chrom-Ionen an das Apo-Chromodulin, sodass Chromodulin entsteht.
4. Phase: Das Chromodulin lagert sich an dem in der Zelle liegenden Teil der Insulinrezeptoren an. Dadurch wird die Resorption von Glukose durch den Kanal erleichtert. Gleichzeitig wird das Enzym Tyrosinkinase, das sich ebenfalls im inneren Teil des Insulinrezeptors befindet, stimuliert. Dies steigert die Glukoseaufnahme der Zelle um ein Vielfaches. Nun befinden sich mehr Glukosemoleküle in der Zelle, die nun optimal mit Glukose versorgt ist und der Blutzuckerspiegel sinkt.

Metaanalyse an Patienten in der Praxis

Mittlerweile wurden 60 Patienten (38 männlich, 22 weiblich Altersmedian 54 Jahre) ausgewertet. Alle hatten einen nicht insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ II. Immer wenn die Einstellung mit oralen Antidiabetika nicht ausreichte wurde den Pateinten/-innen Chrom als Supplement vorgeschlagen. Das Supplement sollte organisch sein (z. B. Bio Active Chrom ChromoPrecise 100 µg), denn nur diese Supplemente werden bis zu 20 Prozent resorbiert und können auf Zusatzstoffe wie Picolinsäure verzichten. Bei allen Patienten/-innen sank der BZ im Schnitt um 10 bis 15 Prozent und der Hba1C um 8 bis 12 Prozent. Bei regelmäßiger Langfrist Einnahme scheint die BZ Senkung noch höher zu sein. Dieses Ergebnis ist signifikant und gerade im Frühstadium eines Typ II Diabetes kann die Gabe von Chrom zusammen mit Verhaltensänderungen den BZ auch ohne Medikamente wieder normalisieren. Chrom ist auch bei jeder anderen Diabetes Form als komplementäre Therapie sinnvoll.

Zusammenfassung

Organisches Chrom sollte bei Patienten/-innen mit Diabetes mellitus als fester Bestandteil der Therapie etabliert sein. Die Blutzuckersenkung tritt in der Regel bei allen Betroffenen ein. Natürlich ersetzt das in der Regel nicht die schulmedizinische Therapie aber eventuell wird das Ergebnis verbessert oder Medikamente können eingespart werden.
Dr. med. Edmund Schmidt und Nathalie Schmidt (www.ensign-ohg.de)
Literatur:
(1) Biesalski HK, Köhrle J, Schümann K: Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. 29-31, 124-132. Georg Thieme Verlag; Stuttgart/New York 2002. Biesalski HK, Fürst P, Kasper H, Kluthe R, Pölert W et al.: Ernährungsmedizin. 175-176. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1999. Elmadfa, Leitzmann: Ernährung des Menschen. 279-281. Verlag Eugen Ulmer Stuttgart; 2004; 4., korrigierte und aktualisierte Auflage
(2) Vincent JB: The biochemistry of chromium. J Nutr. 2000 Apr;130(4):715-8. Vincent JB: Quest for the molecular mechanism of chromium action and its relationship to diabetes. Nutr Rev. 2000 Mar;58(3 Pt 1):67-72.
(3) Biesalski HK, Köhrle J, Schümann K: Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. 29-31, 124-132. Georg Thieme Verlag; Stuttgart/New York 2002. Vincent JB: The biochemistry of chromium. J Nutr. 2000 Apr;130(4):715-8. Vincent JB: Quest for the molecular mechanism of chromium action and its relationship to diabetes. Nutr Rev. 2000 Mar;58(3 Pt 1):67-72.
(4) Biesalski HK, Fürst P, Kasper H, Kluthe R, Pölert W et al.: Ernährungsmedizin. 175-176. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1999
(5) MMP 37. Jahrgang 8/2014
(6) https://www.healthandscience.eu/index.php
(7) American Journal of Health-System Pharmacy und John B. Vincent heraus gegebene Monografie „The Biochemistry of Chromium“